(1) Dieses Gesetz ist anwendbar in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen
1.
ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation,
2.
ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, oder
3.
ein Erfüllungsanspruch aus Vertrag, der auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, einschließlich eines Anspruchs nach § 39 Absatz 3 Satz 3 und 4 des Börsengesetzes, beruht,geltend gemacht wird.
(2) Öffentliche Kapitalmarktinformationen sind Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind und einen Emittenten von Wertpapieren oder einen Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen. Dies sind insbesondere Angaben in
1.
Prospekten nach der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12), Wertpapier-Informationsblättern nach dem Wertpapierprospektgesetz und Informationsblättern nach dem Wertpapierhandelsgesetz,
2.
Verkaufsprospekten, Vermögensanlagen-Informationsblättern und wesentlichen Anlegerinformationen nach dem Verkaufsprospektgesetz, dem Vermögensanlagengesetz, dem Investmentgesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung sowie dem Kapitalanlagegesetzbuch,
3.
Mitteilungen über Insiderinformationen im Sinne des Artikels 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung und des § 26 des Wertpapierhandelsgesetzes,
4.
Darstellungen, Übersichten, Vorträgen und Auskünften in der Hauptversammlung über die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 400 Absatz 1 Nummer 1 des Aktiengesetzes,
5.
Jahresabschlüssen, Lageberichten, Konzernabschlüssen, Konzernlageberichten sowie Halbjahresfinanzberichten des Emittenten und in
6.
Angebotsunterlagen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) Durch Musterverfahrensantrag kann im ersten Rechtszug die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens anspruchsbegründender oder anspruchsausschließender Voraussetzungen oder die Klärung von Rechtsfragen (Feststellungsziele) begehrt werden. Der Musterverfahrensantrag kann vom Kläger und vom Beklagten gestellt werden.
(2) Der Musterverfahrensantrag ist bei dem Prozessgericht unter Angabe der Feststellungsziele und der öffentlichen Kapitalmarktinformationen zu stellen.
(3) In dem Antrag sind die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Der Antragsteller muss darlegen, dass der Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren (Musterentscheid) Bedeutung über den einzelnen Rechtsstreit hinaus für andere gleichgelagerte Rechtsstreitigkeiten zukommen kann.
(4) Dem Antragsgegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit
1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.
(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:
1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.
(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.
(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.
(1) Musterverfahrensanträge, deren Feststellungsziele den gleichen zugrunde liegenden Lebenssachverhalt betreffen (gleichgerichtete Musterverfahrensanträge), werden im Klageregister in der Reihenfolge ihrer Bekanntmachung erfasst.
(2) Das Gericht, das die Bekanntmachung veranlasst, trägt die datenschutzrechtliche Verantwortung für die von ihm im Klageregister bekannt gemachten Daten, insbesondere für die Rechtmäßigkeit ihrer Erhebung, die Zulässigkeit ihrer Veröffentlichung und die Richtigkeit der Darstellung.
(3) Die Einsicht in das Klageregister steht jedem unentgeltlich zu.
(4) Die im Klageregister gespeicherten Daten sind nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens oder im Fall des § 6 Absatz 5 nach Zurückweisung des Musterverfahrensantrags unverzüglich zu löschen.
(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über Inhalt und Aufbau des Klageregisters, insbesondere über Eintragungen, Änderungen, Löschungen, Einsichtsrechte, Datensicherheit und Datenschutz zu treffen. Dabei sind Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Bekanntmachungen
1.
unversehrt, vollständig und aktuell bleiben sowie
2.
jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können.
Mit der Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags im Klageregister wird das Verfahren unterbrochen.
(1) Durch Vorlagebeschluss ist eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts über die Feststellungsziele gleichgerichteter Musterverfahrensanträge herbeizuführen, wenn innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrags mindestens neun weitere gleichgerichtete Musterverfahrensanträge bekannt gemacht wurden. Der Vorlagebeschluss ist unanfechtbar und für das Oberlandesgericht bindend.
(2) Zuständig für den Vorlagebeschluss ist das Prozessgericht, bei dem der erste bekannt gemachte Musterverfahrensantrag gestellt wurde.
(3) Der Vorlagebeschluss enthält:
1.
die Feststellungsziele und
2.
eine knappe Darstellung des den Musterverfahrensanträgen zugrunde liegenden gleichen Lebenssachverhalts.
(4) Das Prozessgericht macht den Inhalt des Vorlagebeschlusses im Klageregister öffentlich bekannt.
(5) Sind seit Bekanntmachung des jeweiligen Musterverfahrensantrags innerhalb von sechs Monaten nicht neun weitere gleichgerichtete Anträge bekannt gemacht worden, weist das Prozessgericht den Antrag durch Beschluss zurück und setzt das Verfahren fort. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(6) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit für das Musterverfahren von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Durch Staatsverträge zwischen Ländern kann die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts für einzelne Bezirke oder für das gesamte Gebiet mehrerer Länder begründet werden.
Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.
(1) Nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister setzt das Prozessgericht von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Das gilt unabhängig davon, ob in dem Verfahren ein Musterverfahrensantrag gestellt wurde. Die Parteien sind anzuhören, es sei denn, dass sie darauf verzichtet haben.
(2) Der Kläger kann die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, auch wenn bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt wurde.
(3) Mit dem Aussetzungsbeschluss unterrichtet das Prozessgericht die Kläger darüber,
1.
dass die anteiligen Kosten des Musterverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und
2.
dass Nummer 1 nicht gilt, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses im Ausgangsverfahren zurückgenommen wird (§ 24 Absatz 2).
(4) Das Prozessgericht hat das Oberlandesgericht, welches das Musterverfahren führt, unverzüglich über die Aussetzung zu unterrichten, wobei die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, anzugeben ist.
(1) Beteiligte des Musterverfahrens sind:
1.
der Musterkläger,
2.
die Musterbeklagten,
3.
die Beigeladenen.
(2) Das Oberlandesgericht bestimmt nach billigem Ermessen durch Beschluss den Musterkläger aus den Klägern, deren Verfahren nach § 8 Absatz 1 ausgesetzt wurden. Zu berücksichtigen sind:
1.
die Eignung des Klägers, das Musterverfahren unter Berücksichtigung der Interessen der Beigeladenen angemessen zu führen,
2.
eine Einigung mehrerer Kläger auf einen Musterkläger und
3.
die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist.Der Beschluss ist unanfechtbar.
(3) Die Kläger, die nicht als Musterkläger ausgewählt werden, sind Beigeladene des Musterverfahrens.
(4) Das Oberlandesgericht kann den Musterkläger auf Antrag eines Beigeladenen abberufen und einen neuen Musterkläger nach Maßgabe des Absatzes 2 bestimmen, wenn der Musterkläger das Musterverfahren nicht angemessen führt.
(5) Musterbeklagte sind alle Beklagten der ausgesetzten Verfahren.
(1) Nach Auswahl des Musterklägers macht das Oberlandesgericht im Klageregister öffentlich bekannt:
1.
die Bezeichnung des Musterklägers und seines gesetzlichen Vertreters (§ 9 Absatz 1 Nummer 1),
2.
die Bezeichnung der Musterbeklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter (§ 9 Absatz 1 Nummer 2) und
3.
das Aktenzeichen des Oberlandesgerichts.
(2) Innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Bekanntmachung nach Absatz 1 kann ein Anspruch schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht zum Musterverfahren angemeldet werden. Die Anmeldung ist nicht zulässig, wenn wegen desselben Anspruchs bereits Klage erhoben wurde. Der Anmelder muss sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Über Form und Frist der Anmeldung sowie über ihre Wirkung ist in der Bekanntmachung nach Absatz 1 zu belehren.
(3) Die Anmeldung eines Anspruchs muss enthalten:
1.
die Bezeichnung des Anmelders und seiner gesetzlichen Vertreter,
2.
das Aktenzeichen des Musterverfahrens und die Erklärung, einen Anspruch anmelden zu wollen,
3.
die Bezeichnung der Musterbeklagten, gegen die sich der Anspruch richtet, und
4.
die Bezeichnung von Grund und Höhe des Anspruchs, der angemeldet werden soll.
(4) Die Anmeldung ist den darin bezeichneten Musterbeklagten zuzustellen.
(1) Auf das Musterverfahren sind die im ersten Rechtszug für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. § 278 Absatz 2 bis 5 sowie die §§ 306, 348 bis 350 und 379 der Zivilprozessordnung sind nicht anzuwenden. In Beschlüssen müssen die Beigeladenen nicht bezeichnet werden.
(2) Die Zustellung von Terminsladungen und Zwischenentscheidungen an Beigeladene kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird durch Eintragung in das Klageregister bewirkt. Zwischen öffentlicher Bekanntmachung und Terminstag müssen mindestens vier Wochen liegen.
(3) Die Bundesregierung und die Landesregierungen können für ihren Bereich durch Rechtsverordnung Folgendes bestimmen:
1.
den Zeitpunkt, von dem an im Musterverfahren elektronische Akten geführt werden, sowie
2.
die organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten.Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(4) Die Bundesregierung und die Landesregierungen können für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen,
1.
dass im Musterverfahren Schriftsätze als elektronische Dokumente bei Gericht einzureichen sind,
2.
dass Empfangsbekenntnisse als elektronische Dokumente zurückzusenden sind und
3.
dass die Beteiligten dafür Sorge zu tragen haben, dass ihnen elektronische Dokumente durch das Gericht zugestellt werden können, sowie
4.
welche Form für die Bearbeitung der Dokumente geeignet ist.Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(1) Zur Vorbereitung des Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Senats den Beigeladenen die Ergänzung des Schriftsatzes des Musterklägers aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen.
(2) Die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Zwischenentscheidungen des Oberlandesgerichts im Musterverfahren werden in einem elektronischen Informationssystem, das nur den Beteiligten zugänglich ist, bekannt gegeben. Die im elektronischen Informationssystem gespeicherten Daten sind nach rechtskräftigem Abschluss oder nach sonstiger Beendigung aller ausgesetzten Verfahren unverzüglich zu löschen. Die Landesjustizverwaltungen bestimmen das elektronische Informations- und Kommunikationssystem, über das die gespeicherten Daten abrufbar sind, und sind für die Abwicklung des elektronischen Abrufverfahrens zuständig. Die Länder können ein länderübergreifendes, zentrales elektronisches Informations- und Kommunikationssystem bestimmen.
(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.
(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:
1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.
(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.
(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.
(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Die Beigeladenen müssen das Musterverfahren in der Lage annehmen, in der es sich im Zeitpunkt der Aussetzung des von ihnen geführten Rechtsstreits befindet. Sie sind berechtigt, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, soweit ihre Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen des Musterklägers nicht in Widerspruch stehen.
(1) Nach Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses gemäß § 6 Absatz 4 erweitert das Oberlandesgericht auf Antrag eines Beteiligten das Musterverfahren durch Beschluss um weitere Feststellungsziele, soweit
1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits von den weiteren Feststellungszielen abhängt,
2.
die Feststellungsziele den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt, und
3.
das Oberlandesgericht die Erweiterung für sachdienlich erachtet.Der Antrag ist beim Oberlandesgericht unter Angabe der Feststellungsziele und der öffentlichen Kapitalmarktinformationen zu stellen.
(2) Das Oberlandesgericht macht die Erweiterung des Musterverfahrens im Klageregister öffentlich bekannt.
(1) Das Oberlandesgericht erlässt auf Grund mündlicher Verhandlung den Musterentscheid durch Beschluss. Die Beigeladenen müssen nicht im Rubrum des Musterentscheids bezeichnet werden. Der Musterentscheid wird den Beteiligten und den Anmeldern zugestellt. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Über die im Musterverfahren angefallenen Kosten entscheidet das Prozessgericht.
(1) Der Musterkläger und die Musterbeklagten können einen gerichtlichen Vergleich dadurch schließen, dass sie dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag zur Beendigung des Musterverfahrens und der Ausgangsverfahren unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen. Den Beigeladenen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Vergleich bedarf der Genehmigung durch das Gericht gemäß § 18. Der genehmigte Vergleich wird wirksam, wenn weniger als 30 Prozent der Beigeladenen ihren Austritt aus dem Vergleich gemäß § 19 Absatz 2 erklären.
(2) Der Vergleichsvorschlag soll auch die folgenden Regelungen enthalten:
1.
die Verteilung der vereinbarten Leistungen auf die Beteiligten,
2.
den von den Beteiligten zu erbringenden Nachweis der Leistungsberechtigung,
3.
die Fälligkeit der Leistungen sowie
4.
die Verteilung der Kosten des Musterverfahrens auf die Beteiligten.
(1) Das Gericht genehmigt den Vergleich durch unanfechtbaren Beschluss, wenn es ihn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes des Musterverfahrens und des Ergebnisses der Anhörung der Beigeladenen als angemessene gütliche Beilegung der ausgesetzten Rechtsstreitigkeiten erachtet.
(2) Nach der Genehmigung kann der Vergleich nicht mehr widerrufen werden.
(1) Der genehmigte Vergleich wird den Beigeladenen zugestellt.
(2) Die Beigeladenen können innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Vergleichs ihren Austritt aus dem Vergleich erklären. Der Austritt muss schriftlich gegenüber dem Gericht erklärt werden; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
(3) Die Beigeladenen sind über ihr Recht zum Austritt aus dem Vergleich, über die einzuhaltende Form und Frist sowie über die Wirkung des Vergleichs zu belehren.
(1) Gegen den Musterentscheid findet die Rechtsbeschwerde statt. Die Sache hat stets grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Absatz 2 Nummer 1 der Zivilprozessordnung. Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Prozessgericht nach § 6 Absatz 1 und 2 zu Unrecht einen Musterentscheid eingeholt hat. Beschwerdeberechtigt sind alle Beteiligten.
(2) Das Rechtsbeschwerdegericht benachrichtigt die übrigen Beteiligten des Musterverfahrens und die Anmelder über den Eingang einer Rechtsbeschwerde, wenn diese an sich statthaft ist und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt wurde. Die Benachrichtigung ist zuzustellen. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden; § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Die übrigen Beteiligten können binnen einer Notfrist von einem Monat ab Zustellung der Benachrichtigung nach Absatz 2 dem Rechtsbeschwerdeverfahren beitreten. Der Beitrittschriftsatz ist innerhalb eines Monats ab Zustellung der Benachrichtigung nach Absatz 2 zu begründen; § 551 Absatz 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(4) Lehnt ein Beteiligter den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht innerhalb der in Absatz 3 genannten Frist, so wird das Musterverfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt. Auf die Rechtsstellung der Beteiligten, die dem Rechtsbeschwerdeverfahren beigetreten sind, ist § 14 entsprechend anzuwenden.
(5) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde wird den Beteiligten und den Anmeldern zugestellt. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Legt der Musterkläger Rechtsbeschwerde gegen den Musterentscheid ein, so führt er das Musterverfahren als Musterrechtsbeschwerdeführer in der Rechtsbeschwerdeinstanz fort. Das Rechtsbeschwerdegericht bestimmt nach billigem Ermessen durch Beschluss den Musterrechtsbeschwerdegegner aus den Musterbeklagten. § 574 Absatz 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung ist auf die übrigen Musterbeklagten entsprechend anzuwenden.
(2) Legt nicht der Musterkläger, sondern einer oder mehrere der Beigeladenen Rechtsbeschwerde gegen den Musterentscheid ein, wird derjenige Beigeladene, welcher als erster das Rechtsmittel eingelegt hat, vom Rechtsbeschwerdegericht zum Musterrechtsbeschwerdeführer bestimmt.
(3) Legt einer oder mehrere der Musterbeklagten Rechtsbeschwerde gegen den Musterentscheid ein, wird derjenige Musterbeklagte, welcher als erster das Rechtsmittel eingelegt hat, vom Rechtsbeschwerdegericht zum Musterrechtsbeschwerdeführer bestimmt. Musterrechtsbeschwerdegegner ist der Musterkläger. § 574 Absatz 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung ist auf die Beigeladenen entsprechend anzuwenden.
(4) Nimmt der Musterrechtsbeschwerdeführer seine Rechtsbeschwerde zurück, bestimmt das Rechtsbeschwerdegericht entsprechend § 13 Absatz 1 einen neuen Musterrechtsbeschwerdeführer aus dem Kreis der Beteiligten, die dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf der Seite des Musterrechtsbeschwerdeführers beigetreten sind, es sei denn, diese verzichten ebenfalls auf die Fortführung der Rechtsbeschwerde.
(1) Der Musterentscheid bindet die Prozessgerichte in allen nach § 8 Absatz 1 ausgesetzten Verfahren. Unbeschadet des Absatzes 3 wirkt der Musterentscheid für und gegen alle Beteiligten des Musterverfahrens unabhängig davon, ob der Beteiligte alle im Musterverfahren festgestellten Tatsachen selbst ausdrücklich geltend gemacht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Musterkläger oder der Beigeladene seine Klage im Ausgangsverfahren nach Ablauf der in § 24 Absatz 2 genannten Frist zurückgenommen hat.
(2) Der Beschluss ist der Rechtskraft insoweit fähig, als über die Feststellungsziele des Musterverfahrens entschieden ist.
(3) Nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens werden die Beigeladenen in ihrem jeweiligen Rechtsstreit mit der Behauptung, dass der Musterkläger das Musterverfahren mangelhaft geführt habe, gegenüber den Musterbeklagten nur insoweit gehört,
1.
als sie durch die Lage des Musterverfahrens zur Zeit der Aussetzung des von ihnen geführten Rechtsstreits oder durch Erklärungen und Handlungen des Musterklägers verhindert worden sind, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder
2.
als Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die ihnen unbekannt waren, vom Musterkläger absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht sind.
(4) Mit der Einreichung des rechtskräftigen Musterentscheids durch einen Beteiligten des Musterverfahrens wird das Ausgangsverfahren wieder aufgenommen.
(5) Der Musterentscheid wirkt auch für und gegen die Beteiligten, die dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beigetreten sind.
(1) Das Oberlandesgericht stellt durch unanfechtbaren Beschluss fest, ob der genehmigte Vergleich wirksam geworden ist. Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Mit der Bekanntmachung des Beschlusses, der die Wirksamkeit des Vergleichs feststellt, wirkt der Vergleich für und gegen alle Beteiligten, sofern diese nicht ihren Austritt erklärt haben.
(2) Der Vergleich beendet das Musterverfahren.
(3) Sofern der Kläger nicht seinen Austritt erklärt hat, beendet das Prozessgericht die nach § 8 Absatz 1 ausgesetzten Verfahren durch Beschluss und entscheidet über die Kosten nach billigem Ermessen und unter Berücksichtigung der nach § 17 Absatz 2 Nummer 4 getroffenen Vereinbarung. Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(4) Macht der Kläger die Nichterfüllung des Vergleichs geltend, wird das Verfahren auf seinen Antrag wieder eröffnet. Wird die Klage nunmehr auf Erfüllung des Vergleichs gerichtet, ist die Klageänderung zulässig.
(1) Die dem Musterkläger und den Beigeladenen im erstinstanzlichen Musterverfahren entstehenden Kosten gelten als Teil der Kosten des ersten Rechtszugs des jeweiligen Ausgangsverfahrens.
(2) Die den Musterbeklagten im erstinstanzlichen Musterverfahren entstehenden Kosten gelten anteilig als Kosten des ersten Rechtszugs des jeweiligen Ausgangsverfahrens, es sei denn, die Klage wird innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses im Ausgangsverfahren zurückgenommen. Die Anteile werden nach dem Verhältnis bestimmt, in dem der von dem jeweiligen Kläger geltend gemachte Anspruch, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, zu der Gesamthöhe der gegen den Musterbeklagten in den nach § 8 Absatz 1 ausgesetzten Verfahren geltend gemachten Ansprüche steht, soweit diese von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen sind.
(3) Ein Anspruch ist für die Berechnung der Gesamthöhe nach Absatz 2 nicht zu berücksichtigen, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses im Ausgangsverfahren zurückgenommen worden ist.
(4) § 96 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Das Rechtsmittel gegen die verfahrensabschließende Entscheidung des Prozessgerichts im Ausgangsverfahren kann nicht darauf gestützt werden, dass das Oberlandesgericht für den Erlass eines Musterentscheids nicht zuständig gewesen ist oder die Voraussetzungen für den Erlass eines Vorlagebeschlusses nicht vorgelegen haben.
(1) Die Kosten einer ohne Erfolg eingelegten Rechtsbeschwerde haben nach dem Grad ihrer Beteiligung der Musterrechtsbeschwerdeführer und diejenigen Beteiligten zu tragen, welche dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf seiner Seite beigetreten sind.
(2) Entscheidet das Rechtsbeschwerdegericht in der Sache selbst, haben die Kosten einer von einem Musterbeklagten erfolgreich eingelegten Rechtsbeschwerde der Musterkläger und alle Beigeladenen nach dem Grad ihrer Beteiligung im erstinstanzlichen Musterverfahren zu tragen. Wurde die Rechtsbeschwerde erfolgreich vom Musterkläger oder einem Beigeladenen eingelegt, haben die Kosten der Rechtsbeschwerde alle Musterbeklagten nach dem Grad ihrer Beteiligung im erstinstanzlichen Musterverfahren zu tragen.
(3) Bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen gilt § 92 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Hebt das Rechtsbeschwerdegericht den Musterentscheid des Oberlandesgerichts auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung zurück, so entscheidet das Oberlandesgericht gleichzeitig mit dem Erlass des Musterentscheids nach billigem Ermessen darüber, wer die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt. Dabei ist der Ausgang des Musterverfahrens zugrunde zu legen. § 99 Absatz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(5) Werden dem Musterkläger und den Beigeladenen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens auferlegt, haben sie die von den Musterbeklagten entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren eines Rechtsanwalts der Musterbeklagten jeweils nur nach dem Wert zu erstatten, der sich aus den von ihnen in ihren eigenen Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüchen, soweit sie von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen sind, ergibt.
Auf Musterverfahren, in denen vor dem 1. November 2012 bereits mündlich verhandelt worden ist, ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in seiner bis zum 1. November 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.
Dieses Gesetz tritt am 1. November 2020 außer Kraft.